Moin,
Benno Hartwig hat geschrieben:
> > Unser Raumschiff habe 1000 Tonnen Gesamtmasse. Weils
> > praktisch ist, verwenden wir einen Schub, der an Bord genau
> > ein g
>
> Gäbe es hinsichtlich der Machbarkeit Vorteile, wenn mann z.B.
> zunächst nur auf Dauer mit 0,1g beschleunigte?
Das mag sinnvoll sein, alldiwiel dieses hypothetische
Raumschiff doch ziemlich schnell schnell ist, da hat man
unterwegs ja gar keine Zeit mal den Jetlag wegzuschlafen...
> > Beschleunigung als künstliche Schwerkraft erbringt. Der
> > Antrieb ist geil, der wandelt Materie direkt in Energie um
> > und stößt diese als Photonen aus.
>
> Ist der Ausstoß von Photonen eigentlich die effektivste
> Antriebsform?
Nein, ganz und garnicht - je nach Sichtweise. Es ist die
Antriebsart, die am wenigsten Masse verbraucht. Deshalb ja
auch meine Rechnung, die in meiner Rechnung verbrauchte Masse
ist das wohl absolute Minimum, was man verbrauchen _muß_.
Stoße ich anstatt Photonen etwas massives aus, dann verbraucht
mein Antrieb erheblich weniger Energie, dafür aber erheblich
mehr Masse. Und wenn man interstellar reisen will, dann kann
man eben Energie in Form von Antimaterie sehr kompakt
speichern, Treibstoffmasse dagegen bekommt man nicht kompakt
und gewichtssparend hin. Deswegen wird bei Antrieben für hohe
Leistungen und Betriebsdauern der Trend zu Triebwerken
hingehen, die wenig Masse mit hoher Geschwindigkeit ausstoßen.
Die sind zwar was die Energiebilanz angeht eher schlechter als
unsere konservativen Raketen, was die Massenbilanz angeht aber
besser. Photonenantrieb ist nur das absolute Extremum dieser
Entwicklung.
Falls Antimaterie handhabbar werden sollte, könnte ich mir
aber dennoch eher ein Triebwerk vorstellen, das in einer
Brennkammer die Antimaterievernichtung durchführt und mit der
gigantischen Strahlungsmenge einen Überschuß an Materie
aufheizt und somit thermisch beschleunigt. Das verbraucht zwar
mehr Masse, dürfte aber zunächst mal eher sinnvoll sein, als
ein reiner Strahlungsantrieb.
> > Jemand 'ne Ahnung, was passiert, wenn 1,4 Tonnen
> > Antimaterie beim Betanken hochgehen:-)?
>
> Hatten unsere Altvorderen eine Ahnung davon, was passiert,
> wenn eine Saturn5 beim Betanken hochgeht, wenn beim Basteln
> an LittleBoy oder FatMan schon der große Rumms passiert, wenn
> ei Atomkraftwerk hochgeht? Wenn eine H-Bombe eingesetzt wird
> (können die auch 'irrtümlich hochgehen'?)
Ja, sie wußten, daß der Stützpunkt hin ist. Hätten sie gewußt,
daß danach der ganze Kontinent hin ist, hätten sie es gelassen.
> > Und damit sind wir gerade mal aus dem Sonnensystem heraus.
> > Aber immerhin schon nach einem Tag.
>
> 'Nur' ist gut.
> Wo sind wir nach dem 2. Tag, nach einer Woche einem Monat.
> Die zurückgelegten Entfernungen sind schon faszinierend,
> finde ich. relativistische Effekte für die Passagiere kommen
> hinzu.
Sicher, da sind wir schon längst bei relativistischen
Effekten. Aber genau die sind auch wieder das Problem. Ich
kann mir schwer vorstellen, daß jemand ein Interesse daran
haben sollte, eine Reise zu tun ohne je in seine bekannte Welt
zurückkommen zu können. Noch nicht einmal zu forschungszwecken
oder zum Beschaffen exotischer Materialien ist so eine Reise
sinnvoll. Stell dir mal ein Neuzeitlichen Handelsschiff vor,
das fröhlich _heute_ in den Hamburger Hafen einläuft und bis
über die Ohren voll mit kostbarsten Gewürzen und Saide aus
China beladen ist. Na die würden dumm gucken.
Das ist das Dilemma bei interstellaren Reisen und den damit
verbundenen Reisezeiten, relativistisch oder nicht. Ich als
Reisender werde den Daheimgebliebenen keinen Nutzen bringen
können. Bestenfalls den Leuten einige Generationen später,
aber die kenne ich ja nicht. Ergo haben wohl auch die
Daheimbleibenden kein Interesse daran, mich auf die Reise zu
schicken und werden mein Unternehmen nicht finanzieren wollen.
Klar, es mag Idealismus geben, das ist aber auch schon alles,
vernünftige Gründe ein interstellarraumschiff zu bauen und
loszuschicken gibt es für Erdenbewohner eben leider nicht.
> > Wir haben jetzt allerdings schon die Energie (Heizwert) von
> > 7 Kubik_kilometern_ Kerosin verbraten. Und alles ohne
> > Verluste gerechnet.
>
> Hat der mittelalterliche Holzsammler begreifen können, welche
> Energiemenge beim Start einer Saturn5 binnen der ersten
> Minute freigesetzt wird. Hat er das in 'Rauminhalt
> gesammeltes Holz' oder 'Anzahl von Krügen gefüllt mit
> Lampenöl' umrechnen können?
Klar, heute verbraten E-Motoren mal eben so viel Leistung, wie
eine ganze Stadt. Die Größenordnungen ändern sich. Aber diese
Umrechnung in Kerosin/Diesel behält trotzdem Gültigkeit, weil
wir nämlich auch in 1000 Jahren einen historischen PKW mit 8l
Sprit 100km weit fahren können lassen werden. Daran wird sich
nichts ändern. Egal wie billig Energie mal werden sollte
(wobei ich keinen Grund sehe, daß sich das so entwickeln
sollte), der Energiebedarf dieses Raumschiffs wird immer
gigantisch viel größer bleiben, als der eines Flugzeugs.
[Mal angemerkt, es ist keine Möglichkeit in Aussicht,
Antimaterie in Bergwerken zu fördern. Antimaterie ist nur ein
Energiespeicher und derzeit sogar noch ein sehr schlechter]
> > Alles sehr realistisch, das mit den Interstellarreisen...
>
> Traust du dich, abzuschätzen, ob es in 1000 Jahren der
> Menschheit nicht doch möglich sein könnte?
Niemals. Aber der Energiebedarf eines solchen Raumschiffs
bleibt nun mal um ein gigantisches größer, wie der eines
heutigen Flugzeugs z.B.. Und das kann ich prognostizieren, das
gilt auch in 1000 Jahren noch.
Also entweder wir finden in der Zwischenzeit eine kostenlose
unbegrenzte Energiequelle (nein, nicht soetwas teures wie
Solarkraftwerke im Orbit oder so) oder wird erfinden den
Warp-Antrieb. Andere Chancen sehe ich nicht für interstellaren
Raumflug.
CU Rollo
--
Hier entsteht in Kürze eine neue Sig-Präsenz.