Discussion:
Raumschiff prallt ab bei Eintritt in Atmosphäre?
(zu alt für eine Antwort)
Stefan Ewert
2005-06-10 07:21:44 UTC
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Hallo,

ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell. Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Oder ganz was anderes?

gruß Stefan
--
ne
Carla Schneider
2005-06-10 08:30:19 UTC
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Post by Stefan Ewert
Hallo,
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell. Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Man versucht ja immer in einem moeglichst flachen Winkel einzutreten,
damit die Abbremsstrecke so lang wie moeglich wird und damit die belastung
am geringsten. Ausserdem moechte man
das Raumschiff solange wie moeglich in grosser Hoehe bremsen lassen.
Das ganze hat natuerlich irgendwo eine Grenze, die man nicht ueberschreiten
darf, denn dann war die Abbremsung nicht stark genug und das Raumschiff steigt
auf seiner ballistischen Bahn wieder an und entfernt sich wieder von der Erde.
Post by Stefan Ewert
Oder ganz was anderes?
--
http://www.geocities.com/carla_sch/index.html
Carla Schneider
2005-06-10 09:39:28 UTC
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Post by Carla Schneider
Das ganze hat natuerlich irgendwo eine Grenze, die man nicht ueberschreiten
darf, denn dann war die Abbremsung nicht stark genug und das Raumschiff steigt
auf seiner ballistischen Bahn wieder an und entfernt sich wieder von der Erde.
Thanx,
Wenn man denn zu flach eintaucht, ist es dann so,
dass man einfach nicht genügend abgebremst wird,
dass man so auf 'gerader Linie' durch die äusseren
Schichten saust, oder ist es darüber hinaus auch
noch so, dass man (warum auch immer) hochgedrückt wird?
Die Frage waere also:
Ist es moeglich dass eine Raumsonde die bei genau gleicher Bahn
bei Nichtexistenz der Atmosphaere die Erde treffen wuerde, tatsaechlich
aber wegen der Atmosphaere vorbeifliegt ?

Es gibt zwar einen Auftrieb, aber der ist auch mit einer starken
Abbremsung verbunden die das Gegenteil bewirkt , Auftrieb/Abbremsung war
ca. 0.3 - deshalb wuerde ich raten : Nein. Aber um Gewissheit
zu bekommen sollte man es wohl ausrechnen, oder mit einem Simulator
ausprobieren.
Solche Programme muesste es doch eigentlich zum Spielen geben,
das ganze waere auch interessant fuer die Aerocapture Problematik.
Damals (ich war Jugendlicher) hatte ich es bei den
Apolloeintritten so verstanden.
Aber natürlich würde es mich jetzt überhaupt nicht
wundern, wenn dies großer Quatsch war.
Bei den Apollomissionen war die Eintrittsgeschwindigkeit besonders hoch,
und daher waere die Kapsel bei einem "Abprallen" auf eine relativ weite
Bahn wieder heraus geschleudert worden. Wodurch das jetzt genau geschieht
wurde ja nicht erklaert.
--
http://www.geocities.com/carla_sch/index.html
Stefan Ewert
2005-06-10 12:52:24 UTC
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Post by Carla Schneider
Damals (ich war Jugendlicher) hatte ich es bei den
Apolloeintritten so verstanden.
Aber natürlich würde es mich jetzt überhaupt nicht
wundern, wenn dies großer Quatsch war.
Bei den Apollomissionen war die Eintrittsgeschwindigkeit besonders hoch,
und daher waere die Kapsel bei einem "Abprallen" auf eine relativ weite
Bahn wieder heraus geschleudert worden. Wodurch das jetzt genau geschieht
wurde ja nicht erklaert.
Auf welchem Effekt soll das denn bitte beruhen?
Das einzige was ich mit meinem Physikwissen nachvollziehen kann, ist dass
bei zu flachem Eintreten, eben das Verhältnis Geschwindigkeit <-> Abstand
zur Erde nicht stimmt und das Raumschiff die Atmosphäre wieder verlässt.
Zum Abprallen muss ja in der Atmosphäre darunter, eine riesige Energiemenge
gespeichert werden, um die Bahn des Flugkörpers umzulenken.

Das einzige was ich mir noch vorstellen kann, ist dass durch den nahen
Vorbeiflug die Hauptachsen der Ellipsen in ihrem Verhältnis zueinander
verändert werden, und die größere der Beiden dann noch länger wird, wenn
man das als "Herausschleudern" bezeichnen möchte?!?

gruß stefan
--
ne
Michael Khan
2005-06-10 16:19:09 UTC
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Post by Stefan Ewert
Das einzige was ich mir noch vorstellen kann, ist dass durch den nahen
Vorbeiflug die Hauptachsen der Ellipsen in ihrem Verhältnis zueinander
verändert werden, und die größere der Beiden dann noch länger wird, wenn
man das als "Herausschleudern" bezeichnen möchte?!?
Da musst du wohl etwas verwechseln. In der Bahnmechanik gilt:
Die grosse Halbachse ist das Mass fuer die Bahnenergie. Wenn
ein Flugkoerper in die Atmosphaere taucht, wird er auf jeden
Fall Energie verlieren, denn die Abbremsung wirkt entgegen der
Geschwindigkeitsrichtung, also annaehernd tangential zur
Bahn. Nur tangentiale Beschleunigungen haben einen Einfluss
auf die Bahnenergie.

Auftriebskraefte wirken dagegen im wesentlichen radial oder
normal, nicht tangential, d.h., sie koennen der Bahn kaum
Energie zufuehren oder entziehen.

Also ist die einzige Beschleunigungskomponente mit
deutlichem Einfluss auf die Bahnenergie der atmosphaerische
Widerstand. Die ist aber immer dissipativ, d.h., sie entzieht
der Bahn irreversibel Energie.

Also kann bei einem atmosphaerischen Durchflug die Bahnenergie,
und damit die grosse Halbachse, zwangslaeufig nur kleiner
werden.
Stefan Ewert
2005-06-10 22:04:38 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
Post by Stefan Ewert
Das einzige was ich mir noch vorstellen kann, ist dass durch den nahen
Vorbeiflug die Hauptachsen der Ellipsen in ihrem Verhältnis zueinander
verändert werden, und die größere der Beiden dann noch länger wird, wenn
man das als "Herausschleudern" bezeichnen möchte?!?
Die grosse Halbachse ist das Mass fuer die Bahnenergie. Wenn
ein Flugkoerper in die Atmosphaere taucht, wird er auf jeden
Fall Energie verlieren, denn die Abbremsung wirkt entgegen der
Geschwindigkeitsrichtung, also annaehernd tangential zur
Bahn. Nur tangentiale Beschleunigungen haben einen Einfluss
auf die Bahnenergie.
Auftriebskraefte wirken dagegen im wesentlichen radial oder
normal, nicht tangential, d.h., sie koennen der Bahn kaum
Energie zufuehren oder entziehen.
Also ist die einzige Beschleunigungskomponente mit
deutlichem Einfluss auf die Bahnenergie der atmosphaerische
Widerstand. Die ist aber immer dissipativ, d.h., sie entzieht
der Bahn irreversibel Energie.
Also kann bei einem atmosphaerischen Durchflug die Bahnenergie,
und damit die grosse Halbachse, zwangslaeufig nur kleiner
werden.
super Erklärung danke!
Ich habe mittlerweile genug Antworten gesammelt um die Behauptung meines
Studienkollegen zu widerlegen, dass es sich bei der Atmosphäre um eine
"Betonwand" handelt und das Raumschiff in diesem Modell einen Gummiball
verkörpert.

schönes Wochenende allerseits
--
ne
Michael Khan
2005-06-10 10:07:08 UTC
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Post by Stefan Ewert
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell.
Wie bitte?
Post by Stefan Ewert
Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Man muss erstens beruecksichtigen, dass die Erdatmosphaere
gekruemmt ist. Das ist klar, denn es handelt sich um eine
Kugelschale, die um eine Kugel herumgelegt ist - wenn man mal
so tut, als sei die Atmosphaere bei einer bestimmten Hoehe
einfach zuende.

Jetzt kann einfach einen Schnitt durch diese Kugeln legen.
Dann sieht man die Erde als Kreis und darum herum die
Atmosphaere als etwas groesseren Kreis. Wenn man da
noch die Transferbahn vom Mond einzeichnet, dann ist das
eine sehr weite Ellipse, die am erdnaechsten Punkt die
Atmosphaere, also den aeusseren Kreis schneidet. Da wird
sofort klar, dass, wenn die Abbremsung nicht stark genug
ist, die Kapsel zwar in die Atmosphaere eintritt, sich erst
der Erdoberflaeche naehert, dann aber wieder an Hoehe gewinnt
und die Atmosphaere wieder verlaesst.

Wir Menschen sind daran gewoehnt, die Erdoberflaeche als
flach zu betrachten. Wenn man die Bahn der Kapsel nun
in einem System darstellt, wo die geographischen Koordinaten
und die Bahnhoehe beispielsweise iueber einer Landkarte
eingetragen wird, dann sieht die Bahn der Kapsel in diesem
Fall wirklich wie ein Abpraller aus: Sie wuerde erst
nach unten geneigt sein, dann abflachen und schliesslich
schraeg nach oben zeigen.

Ein wirkliches Abprallen ist das natuerlich nicht - die
Kapsel folgt einfach mehr oder weniger ihrer elliptischen
Bahn, sie wird dann etwas abgebremst, aber nicht genug.

Das hat man auch schon bei Meteoriten beobachtet. Wenn die
flach eintreten und deswegen nicht genug abgebremst werden,
um zur Erdoberflaeche zu stuerzen, und wenn die Aufheizung
nicht genug ist, umd sie ganz vergluehen zu lassen, dann
ziehen sie eine Leuchtspur ueber den Himmel und verlassen
die Atmosphaere dann wieder. Sowas gibt's.

Die Kunst der Navigation einer eintretenden Kapsel besteht
also darin, genau so zu zielen, dass die Abbremsung stark genug
ist, um zur Landung zu fuehren. Man darf aber auch nicht zu steil
eintreten, weil dann die thermische Belstung und dre Bremskraefte
zu stark werden. Es gibt meist auch noch eine Grenze fuer den
flachen Eintritt - Man will natuerlich nicht die Atmosphaere
wieder verlassen. Aber selbst wenn der Eintrittswinkel nicht
so flach ist, dass die kapsel wieder austritt, kann er dennoch
schon zu flach sein --> Dann wird der Hitzeschild zu lange
erhitzt.

Am Ende bleibt dann ein sehr enger Bereich von Eintrittswinkeln
uebrig. Wie weit der ist, haengt von der Atmosphaere, von der
Eintrittsgeschwindigkeit und auch von dem verwendeten Hitzeschild
ab.

Die Kapsel wird in der Regel auch Auftrieb erzeugen, nicht nur
Widerstand. Diesen Auftrieb kann man einsetzen, um den Eintritts-
korridor etwas breiter zu machen.
Klaus Reinke
2005-06-10 17:23:18 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
...
Ein wirkliches Abprallen ist das natuerlich nicht - die
Kapsel folgt einfach mehr oder weniger ihrer elliptischen
Bahn, sie wird dann etwas abgebremst, aber nicht genug.
...
Interessant, d.h. wenn die Erde keinen Mond hätte, dann hätten
die Rechenknechte der Raumfahrt ein Problem weniger :)
Wie genau kann eigentlich ein Verfahren wie das Aero-Breaking
vorabgerechnet werden?

mfg Klaus
Christian Fuchs
2005-06-10 18:12:14 UTC
Permalink
Post by Klaus Reinke
Post by Michael Khan
...
Ein wirkliches Abprallen ist das natuerlich nicht - die
Kapsel folgt einfach mehr oder weniger ihrer elliptischen
Bahn, sie wird dann etwas abgebremst, aber nicht genug.
...
Interessant, d.h. wenn die Erde keinen Mond hätte, dann hätten
die Rechenknechte der Raumfahrt ein Problem weniger :)
Hm, ich verstehe zwar nicht, wie Du das meinst...

Aber recht hast Du, denn ohne Mond gäbe es kein Leben auf der Erde:
http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/pm_specials/mond/
;-)
Post by Klaus Reinke
Wie genau kann eigentlich ein Verfahren wie das Aero-Breaking
vorabgerechnet werden?
Ich bin da zwar kein Fachmann, würde aber sagen, daß die Genauigkeit
hauptsächlich davon abhängt, wie genau die Daten über die Dichte der
Atmosphäre des jeweiligen Himmelskörpers sind...
Klaus Reinke
2005-06-12 17:27:31 UTC
Permalink
Post by Christian Fuchs
Post by Klaus Reinke
Interessant, d.h. wenn die Erde keinen Mond hätte, dann hätten
die Rechenknechte der Raumfahrt ein Problem weniger :)
Hm, ich verstehe zwar nicht, wie Du das meinst...
Nun ja es geht um folgendes, ein Körper durchfliegt eine
Grenzschicht. Die Bahnkurve des Körpers ist elliptisch,
die Form der Grenzschicht ist nicht Kugelförmig, die
Erde ist ein Geoid, und der Mond hat nicht nur auf die
Wasseroberfläche der Meere einen Einfluß sondern auch
auf die Form der Grenzschicht, welche noch dazu sich nur vage
aufgrund von 'Dichtesprüngen' überhaupt ermitteln läßt,
irgendwann wird es halt unangenehm heiß bei dem Körper,
so untenrum. BTW erzeugt Hitze nicht Auftrieb?

mfg Klaus
--
www.zuffnick.de (Lesen auf eigene Gefahr)
Michael Khan
2005-06-11 16:01:39 UTC
Permalink
Post by Klaus Reinke
Wie genau kann eigentlich ein Verfahren wie das Aero-Breaking
vorabgerechnet werden?
Man gut, dass die Atmosphäre nicht wirklich so hart ist, wie die
Metapher vom hüpfenden Stein es vorauszusetzen schent. Denn dann wäre
das Braking wahrscheinlich wirklich ein Breaking. Aber wahrscheinlic
meinst du eh Aerocapture, nicht Aerobraking. Aerobraking wurde beteits
von Mars Global Surveyor und Odyysey erfolgreich gemacht auch der
demnächst startende Mars reconnaissance Orbiter wird Aerobraking
einsetzen. Für Mars Express war Aerobraking als Backup gedacht, falls
beispielsweise Beagle 2 nicht hätte abgetrennt werden können.
Aerobraking ist von der Navigationstechnik her nicht besonders schwer,
aber es ist operationell schon recht aufwändig und verlangt, wenn die
ganze Aerobraking-Sequenz in wenigen Monaten abgescxhlossen werden soll,
schon bauliche Maßnahmen an der Raumsonde, denn da werden bei jedem
Eintunken in die Atmosphäre maximal so runde 10 kW aufgenommen, wenn
auch jeweils nur für wenige Minuten.

Aerocapture ist ein deutlich schwierigeres regelungstechnisches Problem,
das hohe Zielgenauigkeit in der Navigation, erhabliche Auftriebskräfte
und vor allem einen schnell und zuverlässig in Echtzeit funktionierenden
Steuerungsalgorithmus erfordert.

Das hat man noch nie probiert, was aber IMHO nicht mehr daran liegt,
dass man es nicht im Prinzip schon realisieren könnte. Die Technik ist
mittlerweile soweit. Man traut sich bloss noch nicht.

Da müsste wirklich mal eine Demonstratormission her.
Uwe Hercksen
2005-06-10 10:36:34 UTC
Permalink
Post by Stefan Ewert
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell.
Hallo,

man muß sich ja nur mal auf einen handelsüblichen Erdglobus anschauen
wie winzig da 10 bis 50 km sind, dann hat man schon einen Eindruck wie
dünn die Atmosphäre der Erde ist. Wenn man dann noch den kritischen
Bereich für die erste Abbremsung beim Eintritt nimmt ist man im Maßstab
des Globus eben bei dem Blatt Papier.

Bye
amdy
2005-06-10 14:41:43 UTC
Permalink
Post by Stefan Ewert
Hallo,
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell. Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Oder ganz was anderes?
gruß Stefan
Hallo Stefan,

ich habe die Antworten der anderen gelesen und muß sagen, das ganze
klingt auch für mich sehr plausibel. Allerdings glaube ich mich zu
erinnern, dass ich vor Jahren auf die selbe Frage von meinem
Physik-Lehrer eine andere Antwort bekommen habe. Dieser meinte, es
handle sich dabei um den selben Effekt, wie bei einem flachen Kiesen der
über die Oberfläche eines Sees geschleudert wird und dabei mehrmals
abprallt.

Leider ist mir nicht bekannt, auf welchen physikalischen Prinzipien
dieser Effekt beruht, aber wenn es tatsächlich ein Äquivalent darstellt,
gäbe es tatsächlich eine nach aussen gerichtete Kraftwirkung von der
Atmosphäre auf das Raumschiff. Die Krümmung spielt hierbei keine Rolle,
da die Oberfläche eines Teiches in diesem Rahmen als flach angesehen
werden kann.

Die Erklärung eines 'scheinbaren' Abprallens bei einfachem Durchflug
durch die Atmosphäre wird dadurch natürlich nicht falsch, selbst wenn es
eine zusätzliche Kraft geben sollte und somit die Flugbahn auch einen
Teil 'echten' Abprallens enthalten sollte.

gruss amdy
Carla Schneider
2005-06-10 15:13:45 UTC
Permalink
Post by amdy
Post by Stefan Ewert
Hallo,
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Hier steht ein Blatt Papier für den erlaubten Eintrittswinkel in die
Erdatmosphäre Modell. Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Oder ganz was anderes?
gruß Stefan
Hallo Stefan,
ich habe die Antworten der anderen gelesen und muß sagen, das ganze
klingt auch für mich sehr plausibel. Allerdings glaube ich mich zu
erinnern, dass ich vor Jahren auf die selbe Frage von meinem
Physik-Lehrer eine andere Antwort bekommen habe. Dieser meinte, es
handle sich dabei um den selben Effekt, wie bei einem flachen Kiesen der
über die Oberfläche eines Sees geschleudert wird und dabei mehrmals
abprallt.
Leider ist mir nicht bekannt, auf welchen physikalischen Prinzipien
dieser Effekt beruht,
Wenn der Stein auf die Wasseroberflaeche faellt wird er durch seine
Schraegstellung abgebremst, er beschleunigt dabei Wasser nach unten
und erfaehrt dadurch eine Auftriebskraft. Diese kann so gross sein
dass der Stein genug beschleunigt wird um wieder aus dem Wasser zu
springen.
Post by amdy
aber wenn es tatsächlich ein Äquivalent darstellt,
gäbe es tatsächlich eine nach aussen gerichtete Kraftwirkung von der
Atmosphäre auf das Raumschiff.
Diese Auftriebskraft gibt es auch, die Frage ist nur ob sie
fuer den Effekt wesentlich ist. Moeglich waere es.

Sicher wuerde man gerne ein Raumschiff dadurch abbremsen dass man
es wie so einen Stein so lange auf der Atmosphaere springen laesst
bis so gut wie alle kinetische Energie verbraucht ist, und es dann
wie Spaceship 1 ohne Hitzeschild landen koennte. Das scheint aber nicht
zu gehen, man bekommt einfach nicht genug Auftrieb und das Raumschiff
sinkt zu schnell tiefer.
Dieses Faktum spricht also eher gegen diesen Vergleich.
Post by amdy
Die Krümmung spielt hierbei keine Rolle,
da die Oberfläche eines Teiches in diesem Rahmen als flach angesehen
werden kann.
Die Erklärung eines 'scheinbaren' Abprallens bei einfachem Durchflug
durch die Atmosphäre wird dadurch natürlich nicht falsch, selbst wenn es
eine zusätzliche Kraft geben sollte und somit die Flugbahn auch einen
Teil 'echten' Abprallens enthalten sollte.
--
http://www.geocities.com/carla_sch/index.html
Michael Khan
2005-06-10 16:12:25 UTC
Permalink
Post by amdy
Dieser meinte, es
handle sich dabei um den selben Effekt, wie bei einem flachen Kiesen der
über die Oberfläche eines Sees geschleudert wird und dabei mehrmals
abprallt.
Das wird immer wieder gesagt, es stimmt aber einfach nicht,
jedenfalls nicht im Fall einer Kapsel oder eines aehnlichen
Koerpers. Wie es in Wirklichkeit ist, habe ich schon
beschrieben.
Post by amdy
Leider ist mir nicht bekannt, auf welchen physikalischen Prinzipien
dieser Effekt beruht, aber wenn es tatsächlich ein Äquivalent darstellt,
gäbe es tatsächlich eine nach aussen gerichtete Kraftwirkung von der
Atmosphäre auf das Raumschiff.
Die gibt es auch, zumindest in der Regel. Man kann auch
Raumflugkoerper machen, die gar keinen Auftrieb erzeugen oder
man kann sie so ausrichten, dass der Auftrieb seitlich oder
nach unten gerichtet ist.

Aber die Auftriebskraft sie ist bei Kapseln viel zu gering,
um die Bahn wirklich nennenswert zu verbiegen. Was man da
beobachtet, ist wirklich nur die Tatsache, dass der Flugkoerper
seiner bahn folgt und gabei zuwenig abgebremst wird, als dass
er am Verlassen der Atmosphaere gehindert werden koennte -
ohne dass Auftrieb damit nennenswert zu tun haette. Denn die
Meteoriten, bei denen man dasselbe beobachtet hat, sind ja
auch nur Steinbrocken, keine gefluegelten Raumschiffe.

Wenn man nun aber einen Flugkoerper haette, der sehr viel
mehr Auftrieb als Widerstand erzeugt, weil er eine entsprechend
ausgefeilte aerodynamische Form hat, dann koennte man sehr
wohl mittels dieser Auftriebskraefte dem natuerlichen Verlauf
der Bahn entgegenwirken. Das ist im Moment aber noch reine
Zukunftsmusik, es betrifft nur Studien wie den Waverider.

Wenn der Flugkoerper von vorneherein schon deutlich suborbitale
Geschwindigkeit hat und gleichzeitig zu einem grossem Auftrieb
faehig ist, dann koennte man tatsaechlich ein gefaehrt realisieren,
das an der Atmosphaere so abprallt wie ein Stein am Wasser - naja,
so aenlich, denn die Grenze der Atmosphaere ist weniger deutlich
als die Wasseroberflaeche.

Auf diesem Prinzip beruihte schon der Vorschlag des Antipoden-
bombers von Eugen Saenger im zweiten Weltkrieg.
Uwe Hercksen
2005-06-13 11:40:48 UTC
Permalink
Post by amdy
ich habe die Antworten der anderen gelesen und muß sagen, das ganze
klingt auch für mich sehr plausibel. Allerdings glaube ich mich zu
erinnern, dass ich vor Jahren auf die selbe Frage von meinem
Physik-Lehrer eine andere Antwort bekommen habe. Dieser meinte, es
handle sich dabei um den selben Effekt, wie bei einem flachen Kiesen der
über die Oberfläche eines Sees geschleudert wird und dabei mehrmals
abprallt.
Hallo,

nicht alles was Physik Lehrer antworten muß stimmen.

Beim Kiesel und der Wasseroberfläche gibt es eine enorme, sprungförmige
Zunahme der Dichte von der Luft zum Wasser.
Eine sprunghafte Zunahme der Dichte gibt es aber beim Eintritt vom
Weltraum in die Atmosphäre nicht.

Bye
Heinrich Zinndorf-Linker (zili@home)
2005-06-14 06:09:26 UTC
Permalink
Post by Uwe Hercksen
nicht alles was Physik Lehrer antworten muß stimmen.
Beim Kiesel und der Wasseroberfläche gibt es eine enorme, sprungförmige
Zunahme der Dichte von der Luft zum Wasser.
Eine sprunghafte Zunahme der Dichte gibt es aber beim Eintritt vom
Weltraum in die Atmosphäre nicht.
Dann schau Dir mal das Beispiel der Lichtbrechung an; der Vergleich
zwischen dem Lichtdurchtritt bei einer Atmosphaere (mit Dichtegradient
= grosse, "weiche" Grenzschicht) und einem Prisma (Dichtesprung =
kleine, "harte" Grenzschicht) zeigt, dass das Prinzip auf beide Faelle
zutrifft - der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben. Und die Tatsache, DASS es eben
schon realisiert wurde, Kapseln vom Mond (und unbemannte auch aus dem
interplanetaren Raum) unbeschadet zur Erde zurueckzubringen, ist wohl
Beweis genug - und die Herren Konstrukteure haben das ha wohl
irgendwie schon VOR dem Flug (oder spaetestens vor dem Wiedereintritt)
des entsprechenden Objektes ausrechnen koennen...

Und deshalb muss auch nicht alles, was ein Lehrer erzaehlt,
zweifelhaft oder gar prinzipiell falsch sein - schliesslich haben wir
doch alle hier in der Gruppe gelernt[TM], dass nicht nur die JM-Physik
(=nur das ist richtig, was JM sehen, anfassen und persoenlich erfahren
kann) gueltig ist, sondern dass es da irgendwie mehr gibt... <scnr>

cu, ZiLi aka HKZL (Heinrich Zinndorf-Linker)
--
Es gibt halt Leute die nicht kapieren koennen, wenn sie nicht wollen.
Und Fehler zugeben schon gar nicht. Und genau das erinnert mich doch
gewaltig an manche Diskussionen in dieser NG, wenn nur die Wortfrag-
mente 'cargo' und/oder 'lifter' auftauchen...
Michael Khan
2005-06-14 10:18:26 UTC
Permalink
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben.
Tut mir leid, ich sehe die Gueltigkeit dieses Vergleichs
nicht. Wenn eine Raumkapsel den Eintritt nicht wie
gewuenscht schafft, sondern stattdessen wieder aus der
Atmosphaere austritt, dann liegt das doch eben nicht
an zu starker aerodynamischer Wechselwirkung mit der
Atmosphaere, sondern an zu geringer. Der Stein dagegen
prallt ganz allein wegen der Wechselwirkung mit dem
Wasser ab und verlaesst dadurch seine urspruengliche
Trajektorie.

Wenn ein Physiklehrer das verhalten der Raumkapsel mit
dem Verhalten des flachen Steins gleichsetzt, dann liegt
er damit falsch - aber man kann es ihm nachsehen, denn er
befindet sich damit in illustrer Gesellschaft.
Heinrich Zinndorf-Linker (zili@home)
2005-06-14 19:33:55 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben.
[...]
Wenn ein Physiklehrer das verhalten der Raumkapsel mit
dem Verhalten des flachen Steins gleichsetzt, dann liegt
er damit falsch - aber man kann es ihm nachsehen, denn er
befindet sich damit in illustrer Gesellschaft.
Nichts hinkt so sehr wie ein Vergleich. Das Verhalten an der
Grenzschicht (Durchdringung/Reflexion) ist in dieser Betrachtung sehr
wohl VERGLEICHbar, selbst wenn einige Rahmenbedingungen
(Schwerkraftgradient im einen Fall deutlich, im anderen quasi
vernachlaessigbar, und einige weitere wichtige Parameter mehr)
natuerlich nicht so gegeben sind.

Zu vergleichen heisst schliesslich NICHT, dass etwas zwingend als
VOLL-UMFAENGLICH IDENTISCHER Effekt dargestellt wird, sondern es wird
ein erfahrbares Analogon zum Zwecke der Erklaerung eines nicht direkt
erfahrbaren Effekts herangezogen. Und zum Zweck der Erklaerung der
Wiedereintrittsproblematik eines Raumflugkoerpers ist das Beispiel des
springenden Kieselsteins aufgrund hinreichender Aehnlichkeit im Rahmen
des Modells ganz sicher nicht die schlechteste Wahl, zumal es in
wichtigen Teilen mit den RICHTIGEN Effekten arbeitet.

Denk' doch bitte mal in einer ruhigen Minute ueber die Verwendung von
Modellen in der modernen Physik nach - diese dienen prinzipiell doch
nur dazu, ein bestimmtes Phaenomen (oder manchmal auch mehrere davon
in ihrem Zusammenwirken) schluessig zu BESCHREIBEN - es redet keiner,
der es ernsthaft verstanden hat davon, dass diese Modelle die
Realitaet SIND - auch wenn diejenigen, die es nicht verstehen oft dazu
neigen, Modell und Realitaet gleichzusetzen und sich so teilweise
abstruse Weltbilder anzueignen...

cu, ZiLi aka HKZL (Heinrich Zinndorf-Linker)
--
Es gibt halt Leute die nicht kapieren koennen, wenn sie nicht wollen.
Und Fehler zugeben schon gar nicht. Und genau das erinnert mich doch
gewaltig an manche Diskussionen in dieser NG, wenn nur die Wortfrag-
mente 'cargo' und/oder 'lifter' auftauchen...
Roland Damm
2005-06-14 23:14:26 UTC
Permalink
Moin,
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Post by Michael Khan
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben.
[...]
Wenn ein Physiklehrer das verhalten der Raumkapsel mit
dem Verhalten des flachen Steins gleichsetzt, dann liegt
er damit falsch - aber man kann es ihm nachsehen, denn er
befindet sich damit in illustrer Gesellschaft.
Nichts hinkt so sehr wie ein Vergleich.
Wenn ich ein Messer durch einen Apfel steche, kann ich also auch
sagen, die Klinge wäre im Bereich der Schale abgeprallt, denn
schießlich hat sie die Schale durchdrungen und an anderer Stelle
ist sie wieder aus der Schale ausgetreten. Oder wie?

Es fällt mir schwer, eine Bewegung die fast genau so verläuft, wie
sie ungestört verlaufen wäre (Kapselbahn ohne Erdatmosphäre), als
Abprall zu bezeichnen, Abstraktion hin oder her.

CU Rollo
Heinrich Zinndorf-Linker (zili@home)
2005-06-15 06:39:06 UTC
Permalink
Post by Roland Damm
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Nichts hinkt so sehr wie ein Vergleich.
Wenn ich ein Messer durch einen Apfel steche, kann ich also auch
sagen, die Klinge wäre im Bereich der Schale abgeprallt, denn
schießlich hat sie die Schale durchdrungen und an anderer Stelle
ist sie wieder aus der Schale ausgetreten. Oder wie?
Na und? Der Vergleich ist immer noch gueltig. Es ist alles eine Frage
des Energiehaushalts. Mit ganz wenig Kraft schrammt die Messerspitze
nur an der Schale entlang, mit mehr bleibt es stecken, mit noch mehr,
geht das Messer durch. Beim Kapsel-Wiedereintritt ist es doch ganz
anders - aber in gewisser Hinsicht auch irgendwie VERGLEICHBAR
aehnlich. Bei richtigen Rahmenparametern koennte man das Messer und
den Apfel naemlich auch heranziehen. Diese waeren dann: Ziele mit dem
Messer genau so tangential auf den Apfel, dass Du NUR an der Schale
(vergleiche mit Atmosphaere des Zielplaneten) entlangschrammst, und
NICHT ins Fruchtfleisch (den Planeten selbst) einschlaegst. In dieser
Betrachtung ist es dann auch von voellig untergeordneter Bedeutung, ob
man eine geradlinige Bahn betrachtet, oder eine langgestreckte
Ellipse, solange sie die Bedingung erfuellt, dass wirklich nur die
Grenzschicht tangiert wird. Und durch die Beschraenkung des
Wiedereintritts-Modells auf den Grenzschichtdurchgang wird der Stein
auf dem Teich auf jeden Fall ein brauchbares Vergleichsmodell.
Post by Roland Damm
Es fällt mir schwer, eine Bewegung die fast genau so verläuft, wie
sie ungestört verlaufen wäre (Kapselbahn ohne Erdatmosphäre), als
Abprall zu bezeichnen, Abstraktion hin oder her.
Einigen Leuten hier scheint es 'wider den Strich' zu laufen, bewusst
vereinfachte Modelle zur Erklaerung von physikalischen Phaenomenen zu
verwenden. Dabei ist die Abstraktion genau _die_ Methode, um
Nichtwissenden solche Phaenomene aufgeteilt in mehrere Einzelaspekte
Stueck fuer Stueck naeherzubringen, welche in ihrer realen
Komplexitaet in ihrer Gesamtheit oft nicht erklaerbar waeren - und so
nach Abschluss der Ausfuehrungen das fuers Verstaendnis notwendige
Wissen zu vermitteln.

Aber vielleicht bin ich auch ganz einfach naiv und glaube noch an das
Maerchen, dass nicht alle, die hier lesen und schreiben, schon
allwissend geboren wurden, und deshalb hier lesen, fragen und
diskutieren, wie was zu erklaeren ist und/oder in der Realitaet
aussieht...


cu, ZiLi aka HKZL (Heinrich Zinndorf-Linker)
--
Es gibt halt Leute die nicht kapieren koennen, wenn sie nicht wollen.
Und Fehler zugeben schon gar nicht. Und genau das erinnert mich doch
gewaltig an manche Diskussionen in dieser NG, wenn nur die Wortfrag-
mente 'cargo' und/oder 'lifter' auftauchen...
Roland Damm
2005-06-15 10:01:01 UTC
Permalink
Moin,
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Einigen Leuten hier scheint es 'wider den Strich' zu laufen,
bewusst vereinfachte Modelle zur Erklaerung von physikalischen
Phaenomenen zu verwenden.
Dazu gehör ich ganz bestimmt nicht, ich liebe Vergleiche mit anderen
Fragestellungen aus völlig anderen Themenbereichen und habe
andererseits auch keine Angst vor Abstraktionen. Nur in diesem
Fall: Das Abprallen des Steins auf der Wasseroberfläche ist ein
Effekt, der erstens die normale Parabelbahn des Steins ändert,
zweitens dieses durch Auftrieb erreicht und drittens basiert dieser
Auftrieb ganz wesentlich auf dem Dichtegradienten, dem
Dichteunterschied zwischen Wasser (in das die Unterseite des Steins
eintaucht) und der Luft (durch die sich die Oberseite des Steins
bewegt). Alle drei Punkte sind bei der wiedereintretenden (oder
eben nicht) Raumkapsel nicht gegeben. Weder ist der Dichtegradient
der Atmosphäre von Belang (in dem Sinne, daß die Seite der Kapsel,
die dichter an der Erde ist andere Luftkräfte erfährt), noch noch
wird durch das, was man landläufig falsch 'Abprallen an der
Atmosphäre' nennt die normale Flugbahn der Kapsel (Ellipse)
nenneswert verändert noch ist der Einfangvorgang durch
aerodynamische Abbremsung auf Auftrieb angewiesen.

Nicht alles was kinkt, ist ein Vergleich.

CU Rollo
Michael Khan
2005-06-15 08:08:41 UTC
Permalink
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Na und? Der Vergleich ist immer noch gueltig. Es ist alles eine Frage
des Energiehaushalts. Mit ganz wenig Kraft schrammt die Messerspitze
nur an der Schale entlang, mit mehr bleibt es stecken, mit noch mehr,
geht das Messer durch. Beim Kapsel-Wiedereintritt ist es doch ganz
anders - aber in gewisser Hinsicht auch irgendwie VERGLEICHBAR
aehnlich.
Genau, ein Vergleich der Raumkapsel mit dem Messer und dem
Apfel ist gar nicht schlecht - denn da werden zumindest die
richtigen physikalischen Analogien bemueht. Es geht darum,
so tief einzudringen, dass der Widerstand hoch genug wird.

Spaetestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass es gute
(zutreffende und hilfreiche) und schlechte (unzutreffende und
irrefuehrende) Analogien gibt.
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Einigen Leuten hier scheint es 'wider den Strich' zu laufen, bewusst
vereinfachte Modelle zur Erklaerung von physikalischen Phaenomenen zu
verwenden.
Das sollte man sicher nicht um jeden Preis. Auf jeden Fall nicht
um den Preis, dass hinterher beim Zuhoerer ein falsches Bild
enstanden ist.

Man sollte auch nicht eine an sich einfache Sache nun unbedingt
durch eine Analogie erklaeren wollen, wenn der eigentliche
Sachverhalt schon einfach genug ist, um, bei entsprechender
Erklaerung verstanden zu werden.
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Aber vielleicht bin ich auch ganz einfach naiv und glaube noch an das
Maerchen, dass nicht alle, die hier lesen und schreiben, schon
allwissend geboren wurden, und deshalb hier lesen, fragen und
diskutieren, wie was zu erklaeren ist und/oder in der Realitaet
aussieht...
Ich ignoriere mal die Spitze, die ich auch nicht angemessen
finde.

Ich finde, eine Erklaerung sollte erklaeren. Der, dem was erklaert
wird, sollte verstanden haben, worum es geht. Sonst ist da was
schiefgelaufen. Dass mittlerweile fast zwei Generationen weltweit
einfach die unzutreffende Maer von der Raumkapsel nachplappern, die
an der Atmosphaere abprallt wie ein Stein von der Wasseroberflaeche,
und denen davbei voellig entgeht, dass es nur darum geht, tief genug
einzudringen, dass die Abbremsung ausreicht, ist fuer mich ein
Indiz dafuer, dass man mit unueberlegten Analogien auch Schaden
anrichten udn Verstaendnis einfacher Zusammenhaenge verhindern kann.
Stefan Ewert
2005-06-16 15:33:00 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
Ich finde, eine Erklaerung sollte erklaeren. Der, dem was erklaert
wird, sollte verstanden haben, worum es geht. Sonst ist da was
schiefgelaufen. Dass mittlerweile fast zwei Generationen weltweit
einfach die unzutreffende Maer von der Raumkapsel nachplappern, die
an der Atmosphaere abprallt wie ein Stein von der Wasseroberflaeche,
und denen davbei voellig entgeht, dass es nur darum geht, tief genug
einzudringen, dass die Abbremsung ausreicht, ist fuer mich ein
Indiz dafuer, dass man mit unueberlegten Analogien auch Schaden
anrichten udn Verstaendnis einfacher Zusammenhaenge verhindern kann.
genau das ist der Grund warum ich diese Diskussion begonnen habe und deine
Erklärung ist sehr einleuchtend.
Irreführend und ncihts anderes, ist die Geschichte mit dem Stein & Wasser.
Ein wirklich schlechtes Beispiel, das leider viel zu einfach ist und somit
in den Köpfen auf Dauer ein falsches Bild erzeugt.
Vereinfachung ist ok, aber ein großteil der Menschen würde wohl sagen, der
Stein prallt vom Wasser ab, was einfach nicht dem Fall der Raumkapsel
entspricht.
Michael Khan
2005-06-16 18:54:05 UTC
Permalink
Post by Stefan Ewert
genau das ist der Grund warum ich diese Diskussion begonnen habe und deine
Erklärung ist sehr einleuchtend.
Na gut, da hier ja ziemliche Einigkeit darüber herrscht, was passiert,
wenn man beim atmosphärischen Eintritt den einfachen Fall ohne
gerichteten Auftrieb betrachtet, dann können wir jetzt einen Gang
höherschalten und uns ein Beispiel anschauen, bei dem die Kapsel
Auftrieb erzeugt (Auftrieb/Widerstand ca. 1/3) und über eine geeignete
Steuerung des Rollwinkels und damit der Richtung des Auftriebs die
atmosphärische Trajektorie beeinflusst.

Das Beispiel ist die Soyuz-Kapsel, hier gerechnet am fall eines
Wiedereintritts bei Rückkehr von der ISS. Der Eintritt ist mit -2 Grad
sehr flach.

Im ersten Fall ist der Eintritt ballistisch - da rollt die Kapsel
konstant um die Richtung der Anströmung, bei festem Anstellwinkel. Es
gibt also immer denselben Auftriebsanteil, jedoch variiert seine
Richtung ständig, sodass in Summe Null herauskommt.

Im zweiten Fall ist der Rollwinkel in der ersten Phase konstant bei 60
Grad, nach einer wählbaren Zeit rollt die Kapsel durch die Nulllage auf
-60 Grad. In beiden Fällen hat man also eine aufwärtsgerichtete und eine
seitwärtsgerichtete Auftriebskomponente, wobei die seitwärtsgerichtete
durch das Rollmanöver ein Mal die Richtung wechselt.

Dass Auftriebs- und Widerstandskoeffizient beide eigentlich auch noch
von der Machzahl abhängen, vernachlässigen wir mal der Einfachheit halber.

Den Fall haben wir vor einigen Wochen in einem anderen Thread bereits
besprochen.

Hier der Verlauf der Bahnhöhe, einmal über der Zeit, dann über der
zurückgelegten Strecke vom Passieren der Referenzhöhe 120 km. Wie man
sieht, ist der Höhenverlust im ballistischen Fall sehr viel schneller.
Im auftriebsgesteuerten Fall dauert der Abstieg länger, die Kapsel wird
auch ca. 450 km weiter getragen.

Loading Image...

Hier der Verlauf von g-Belastung und Geschwindigkeit über der Zeit. Im
ballistischen Fall pfeift sich die Besatzung 8 g 'rein, im gelenkten nur
halb so viel:

Loading Image...

Und hier der Verlauf der Hitzebelastung, allerdings nur in
dimensionslosen Vergleichsgrößen. Man kann die tatsächlichen Werte der
thermischen Belastung hieraus nicht ablesen (die zu berechnen, ist sehr
umständlich), wohl aber einen vergleich zwischen beiden
unterschiedlichen Abstiegstrajektorien anstellen. Beim ballistischen
Fall ist zwar die Spitzenbelastung höher, die Gesamtbelastung jedoch
wegen der deutlich geringeren Flugdauer auch eindeutig niedriger als im
gelenkten. Da muss man also schon sehr aufpassen, was man dem
Hitzeschild zumutet, eine Verringerung der Lastspitze kann schnell zu
einem Problem werden.

Loading Image...

Bei der Landung von TMA-1, wo ungewollt der ballistische Modus gewählt
wurde, konnte man übrigens genau beobachten, dass statt der grünen die
rote Kurve geflogen wurde, das Ding kam über 400 km zu früh 'runter und
die g-Belastung war doppelt so hoch wie vorgesehen.

Zusammengefasst: Es ist also durchaus auch möglich, mit Auftriebskräften
die Trajektorie zu beeinflussen - man stelle sich mal vor, der Eintritt
ist noch flacher und die Auftriebskraft größer und ganz nach oben
gerichtet. Das kann dann einen Hüpfer aus der Atmosphäre hinaus
bewirken.

Dennoch ist es richtig, wenn man NICHT das Bild mit dem hüpfenden Stein
bemüht. Das galt auch bei Apollo 13 nicht. Man wird zwar die
Auftriebskräfte einsetzen, um die Belastungen der Kapsel zu verringern,
so wie man das auch bei Sojus gemacht hat. Dennoch muss der Eintritt
auch dann noch funktionieren, wenn es einen Steuerungsausfall oder
-fehler gibt, so wie bei der Soyuz.
Roland Damm
2005-06-16 20:07:34 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
...
sehr interessant.
Post by Michael Khan
Zusammengefasst: Es ist also durchaus auch möglich, mit
Auftriebskräften die Trajektorie zu beeinflussen - man stelle sich
mal vor, der Eintritt ist noch flacher und die Auftriebskraft
größer und ganz nach oben gerichtet. Das kann dann einen Hüpfer
aus der Atmosphäre hinaus bewirken.
Die Frage wäre, wie stark die Einflußmöglichkeiten sind. Also wenn
man beim Widereintritt feststellen sollte, daß man mit maximaler
Bremsung immernoch zu spät ankommen würde also weiter fliegen als
geplant (maximale Bremsung heißt Auftrieb nach unten*), könnte man
dann mit Auftrieb von der Erde weg eine Hüpfer machen und die
Landung im zweiten Anlauf versuchen?

*) was man ja bisher wohl noch nie gemacht hat, weil extrem
ungemütlich.

CU Rollo
Heinrich Zinndorf-Linker (zili@home)
2005-06-16 19:20:39 UTC
Permalink
Post by Roland Damm
Die Frage wäre, wie stark die Einflußmöglichkeiten sind. Also wenn
man beim Widereintritt feststellen sollte, daß man mit maximaler
Bremsung immernoch zu spät ankommen würde also weiter fliegen als
geplant (maximale Bremsung heißt Auftrieb nach unten*), könnte man
dann mit Auftrieb von der Erde weg eine Hüpfer machen und die
Landung im zweiten Anlauf versuchen?
Meines Wissens waren die (geozentrisch betrachteten) Trajektorien
sowohl bei den Apollos als auch bei den Zond-Kapseln, welche vom Mond
zurueckkamen, so aus, dass nach einer gewissen Eintauchphase nochmals
hoehe gewonnen wurde und dann erst das endgueltige Eintauchen bis zur
Wasserung erfolgte.
Post by Roland Damm
*) was man ja bisher wohl noch nie gemacht hat, weil extrem
ungemütlich.
Sicherlich, schon der rein ballistische Eintritt bei orbitalem
Wiedereintritt ist schon ungemuetlich genug - verglichen mit einem
gesteuert flachen...

cu, ZiLi aka HKZL (Heinrich Zinndorf-Linker)
--
Es gibt halt Leute die nicht kapieren koennen, wenn sie nicht wollen.
Und Fehler zugeben schon gar nicht. Und genau das erinnert mich doch
gewaltig an manche Diskussionen in dieser NG, wenn nur die Wortfrag-
mente 'cargo' und/oder 'lifter' auftauchen...
Uwe Hercksen
2005-06-17 07:14:16 UTC
Permalink
Post by Michael Khan
Hier der Verlauf der Bahnhöhe, einmal über der Zeit, dann über der
zurückgelegten Strecke vom Passieren der Referenzhöhe 120 km. Wie man
sieht, ist der Höhenverlust im ballistischen Fall sehr viel schneller.
Im auftriebsgesteuerten Fall dauert der Abstieg länger, die Kapsel wird
auch ca. 450 km weiter getragen.
http://www.higashiyama.de/Xchange/deorbit_alt.gif
Hallo,

sehr interessant, vielen Dank.
Von einem Wiederaufsteigen kann man hier ja nicht sprechen, die Kurve
für die Höhe flacht zwar ab, bleibt aber monoton fallend.

Kommt das jetzt durch die Vereinfachungen dieses Models und die
gemachten Annahmen, oder reicht die Auftriebskraft für einen wirklichen
Wiederaufstieg nicht aus?
Wäre bei einem echten Wiederaufstieg nicht auch eine Spitze der
g-Belastung zu erwarten wenn die Kapsel wieder an Höhe gewinnt?

Bye
Michael Khan
2005-06-17 07:42:57 UTC
Permalink
Post by Uwe Hercksen
Post by Michael Khan
http://www.higashiyama.de/Xchange/deorbit_alt.gif
Von einem Wiederaufsteigen kann man hier ja nicht sprechen, die Kurve
für die Höhe flacht zwar ab, bleibt aber monoton fallend.
Das koennte man dadurch aendern, dass man den Eintritt mit
einem noch flacheren Eintrittswinkel macht und gleich von
vorneherein im gesteuerten (nicht-ballistischen) Fall
die Auftriebskomponente ganz nach oben dreht.

Die Steilheit des Eintritts, aus dem man noch abfangen kann,
haengt in der Tat vom Auftriebsbeiwert ab. Das ist da
recht analog zum Flugzeug.
Post by Uwe Hercksen
Wäre bei einem echten Wiederaufstieg nicht auch eine Spitze der
g-Belastung zu erwarten wenn die Kapsel wieder an Höhe gewinnt?
Nicht bei den Auftriebsbeiwerten, die bei einer Kapsel zu erwarten
sind. Die Abbremsung hat da einen viel hoeheren Stellenwert, sodass
man selbst bei einem abgefangenen Eintritt eine Spitze der
g-Belastung beim ersten Stippen und die zweite beim zweiten
Stippen in die Atmosphaere hat.

Bei einem WaveRider mit einem Auftriebs-Widerstands-Verhaeltnis
von 7, oder was den Visionaeren da vorschwebt, saehe das
gewiss ganz anders aus.
Christian Fuchs
2005-06-15 10:55:58 UTC
Permalink
[...]
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Post by Roland Damm
Es fällt mir schwer, eine Bewegung die fast genau so verläuft, wie
sie ungestört verlaufen wäre (Kapselbahn ohne Erdatmosphäre), als
Abprall zu bezeichnen, Abstraktion hin oder her.
Einigen Leuten hier scheint es 'wider den Strich' zu laufen, bewusst
vereinfachte Modelle zur Erklaerung von physikalischen Phaenomenen zu
verwenden. Dabei ist die Abstraktion genau _die_ Methode, um
Nichtwissenden solche Phaenomene aufgeteilt in mehrere Einzelaspekte
Stueck fuer Stueck naeherzubringen,
[...]

Also, ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, wie eine Raumkapsel in
die Erdatmosphäre eintritt und was die Probleme dabei sind - auch bei mir
im Kopf hing dieses Stein-auf-Wasser-Modell. Aber als Michael und andere
das physikalisch korrekt erläutert haben, war es mir _sofort_ klar.

Und um ehrlich zu sein, ich glaube:
Wenn jemand das nicht versteht, versteht er auch nicht, warum ein Stein
übers Wasser hüpft...
Uwe Hercksen
2005-06-15 13:55:44 UTC
Permalink
Post by Christian Fuchs
Also, ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht, wie eine Raumkapsel in
die Erdatmosphäre eintritt und was die Probleme dabei sind - auch bei mir
im Kopf hing dieses Stein-auf-Wasser-Modell. Aber als Michael und andere
das physikalisch korrekt erläutert haben, war es mir _sofort_ klar.
Wenn jemand das nicht versteht, versteht er auch nicht, warum ein Stein
übers Wasser hüpft...
Hallo,

guter Gedanke, um das Abprallen des flachen, in der richtigen Lage und
mit Drall geworfenen Steins an der Wasseroberfläche zu erklären muß man
weit kompliziertere Vorgänge erläutern als die Kugelform der Erde und
Atmosphäre sowie die lang gezogene Ellipse der Rückkehrbahn vom Mond.
Mit einem Globus und den zwei Händen lässt sich das doch wunderbar
anschaulich darstellen.

Bye
Michael Khan
2005-06-15 07:57:33 UTC
Permalink
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Post by Michael Khan
Wenn ein Physiklehrer das verhalten der Raumkapsel mit
dem Verhalten des flachen Steins gleichsetzt, dann liegt
er damit falsch - aber man kann es ihm nachsehen, denn er
befindet sich damit in illustrer Gesellschaft.
Nichts hinkt so sehr wie ein Vergleich. Das Verhalten an der
Grenzschicht (Durchdringung/Reflexion) ist in dieser Betrachtung sehr
wohl VERGLEICHbar, selbst wenn einige Rahmenbedingungen
(Schwerkraftgradient im einen Fall deutlich, im anderen quasi
vernachlaessigbar, und einige weitere wichtige Parameter mehr)
natuerlich nicht so gegeben sind.
Ich sehe da keinerlei Vergleichbarkeit, mal abgesehen von
der Trivialaussage, dass man natuerlich alles mit allem
vergleichen kann.

Das so genannte und nur scheinbare "Abprallen einer Raumkapsel
von der Atmosphaere" ist keins. Es hat gar nichts mit der
Atmosphaere zu tun. Das Ganze beschreibt einen scheinbaren
Effekt, der sich bei der Konversion vom geozentrischen
zum topozentrischen System zu ergeben scheint, naemlich
den, dass die Raumkapsel sich erst der Erdoberflaeche
naehert, in die Atmosphaere eintaucht, dann jedoch
die Abwaertsbewegung aufgibt und die Atmosphaere wieder
verlaesst. Dies liegt jedoch, wie mehrfach beschrieben, nicht
an aerodynamischen Kraetften in der Atmosphaere. Die Kapsel
folgt einfach ihrem Bahnverlauf. Sie wird sicher etwas
gebremst, aber eben nicht genug.

Ich kann einfach nicht glauben, dass wir immer noch diesen
Sachverhalt diskutieren. Zumindest ueber die dahinterstehende
Physik sollte doch Einigkeit herrschen.
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Zu vergleichen heisst schliesslich NICHT, dass etwas zwingend als
VOLL-UMFAENGLICH IDENTISCHER Effekt dargestellt wird, sondern es wird
ein erfahrbares Analogon zum Zwecke der Erklaerung eines nicht direkt
erfahrbaren Effekts herangezogen.
In diesem Fall ist es aber offensichtlich so - das belegen
auch die Reaktionen anderer Mitlesender - dass der Vergleich
das Verstaendnis des tatsaechlichen Geschehens erschwert. Es
dfangt schon bei der Wortwahl "Abprallen an der Atmosphaere"
an. Da prallt nichts ab. Es hat wenig mit der Atmosphaere zu
tun, was da vor sich geht.

Wenn man ein Analogon bemueht, sollte es das Verstaendnis
vertiefen und nicht Verwirrung stiften. Ich hoffe, zumindest
darueber besteht Einigkeit.
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Und zum Zweck der Erklaerung der
Wiedereintrittsproblematik eines Raumflugkoerpers ist das Beispiel des
springenden Kieselsteins aufgrund hinreichender Aehnlichkeit im Rahmen
des Modells ganz sicher nicht die schlechteste Wahl, zumal es in
wichtigen Teilen mit den RICHTIGEN Effekten arbeitet.
Nein, es arbeitet eben nicht mit den richtigen Effekten und
die Tatsache, dass die Maer vom "Abprallen von der Atmosphaere"
mittlerweile unausrottbar in den Koepfen dteckt und immer wieder
faelschlich in der Berichterstattung bemueht wird, zeigt, dass
dieses Modell keine gute Wahl ist.

Wenn aerodynamische Auftriebskraefte die Flugbahn einer Raumkapsel
bei zu flachem Eintritt erklaeren wuerden, dann waere es durchaus
in Ordnung, die Analogie mit dem Stein auf der Wasserflaeche zu
verwenden. Nun ist es aber gerade so, dass aerodynamischer
Auftrieb den Flugbahnverlauf der Raumkapsel nicht erklaert.

Die Wirklichkeit ist recht einfach, und sie kann auch simpel
und einleuchtend erklaert werden - oder hatte jemand ein Problem
mit meinen Ausfuehrungen ein paar Postings weiter oben?

Wenn man statt der einfachen und richtigen Erklaerung nun eine
wesentlich kompliziertere Erklaerung wahlt, die auf nicht
relevanten physikalischen Effekten beruht und zu einem
falschen Verstaendnis der Situation fuehrt, dann finde ich
das keineswegs sinnvoll und hilfreich.
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Denk' doch bitte mal in einer ruhigen Minute ueber die Verwendung von
Modellen in der modernen Physik nach - diese dienen prinzipiell doch
nur dazu, ein bestimmtes Phaenomen (oder manchmal auch mehrere davon
in ihrem Zusammenwirken) schluessig zu BESCHREIBEN
Ganz genau, und das leistet in diesem Fall das Modell mit
dem Stein auf der Wasseroberflaeche nicht, der verwirrt
hier nur.

das heisst natuerlich nicht, dass dieses Modell nirgends passen
wuerde, bei den auch schon erwaehnten Hyperschall-Augtriebskoerpern
wie Eugen Saengers Antipodenbomber passt er sehr gut. Da wuerde die
Bahnmechanik ohne aerodynamische Auftriebskraefte keineswegs
ausreichen, um zu verstehen, warum der Flugkoerper so fliegt,
wie er zum Glueck nie geflogen ist.
Lutz Terheyden
2005-06-15 08:02:10 UTC
Permalink
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Denk' doch bitte mal in einer ruhigen Minute ueber die Verwendung von
Modellen in der modernen Physik nach - diese dienen prinzipiell doch
nur dazu, ein bestimmtes Phaenomen (oder manchmal auch mehrere davon
in ihrem Zusammenwirken) schluessig zu BESCHREIBEN
Aber wenn es doch ein ebenso einfaches, wenn nicht einfacheres,
Modell gibt, das viel näher an der Realität liegt,
werde ich nicht das falsche verteidigen.
Uwe Hercksen
2005-06-14 14:48:26 UTC
Permalink
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Dann schau Dir mal das Beispiel der Lichtbrechung an; der Vergleich
zwischen dem Lichtdurchtritt bei einer Atmosphaere (mit Dichtegradient
= grosse, "weiche" Grenzschicht) und einem Prisma (Dichtesprung =
kleine, "harte" Grenzschicht) zeigt, dass das Prinzip auf beide Faelle
zutrifft - der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben. Und die Tatsache, DASS es eben
schon realisiert wurde, Kapseln vom Mond (und unbemannte auch aus dem
interplanetaren Raum) unbeschadet zur Erde zurueckzubringen, ist wohl
Beweis genug - und die Herren Konstrukteure haben das ha wohl
irgendwie schon VOR dem Flug (oder spaetestens vor dem Wiedereintritt)
des entsprechenden Objektes ausrechnen koennen...
Und deshalb muss auch nicht alles, was ein Lehrer erzaehlt,
zweifelhaft oder gar prinzipiell falsch sein - schliesslich haben wir
doch alle hier in der Gruppe gelernt[TM], dass nicht nur die JM-Physik
(=nur das ist richtig, was JM sehen, anfassen und persoenlich erfahren
kann) gueltig ist, sondern dass es da irgendwie mehr gibt... <scnr>
Hallo,

sagmal was soll der Unsinn?

Es geht um das Abprallen das beim Rückflug vom Mond nicht zutrifft.

Die Raumkapsel nähert sich der Erde auf einer stark exzentrischen
Ellipse. Wenn nun der erdnächste Punkt dieser Ellipse in einer Höhe von
300 km über dem Boden liegt wird die Kapsel überhaupt nicht gebremst,
die Ellipsenbahn verändert sich nicht, von einem Abprallen kann man
nicht sprechen.
Verringern wir jetzt die Höhe im erdnächsten Punkt langsam, dann wird
die Kapsel etwas gebremst und die grosse Halbachse der Ellipsenbahn
verringert sich, die Krümmung der Ellipse nimmt in diesem Bereich zu.
Trotzdem reicht die Abbremsung immer noch nicht aus und die Bahn führt
wieder aus der obersten Atmosphäre hinaus. Einfach wegen der
näherungsweise kugelförmigen Erde und Atmosphäre und der elliptischen Bahn.
Die Bahnkurve wurde also etwas zur Erde hin gebogen, aber nicht
ausreichend um zu landen. Dieser Sachverhalt ist doch mit dem Wort
Abprallen ganz falsch beschrieben und hat mit dem Stein und der
Wasseroberfläche nichts zu tun.
Beim Stein wird die Wurfparabel zur Wasseroberfläche hin beim Kontakt
mit der Oberfläche wieder nach oben verbogen.

Bye
Carla Schneider
2005-06-16 05:47:59 UTC
Permalink
Post by Stefan Ewert
Post by Heinrich Zinndorf-Linker (***@home)
Dann schau Dir mal das Beispiel der Lichtbrechung an; der Vergleich
zwischen dem Lichtdurchtritt bei einer Atmosphaere (mit Dichtegradient
= grosse, "weiche" Grenzschicht) und einem Prisma (Dichtesprung =
kleine, "harte" Grenzschicht) zeigt, dass das Prinzip auf beide Faelle
zutrifft - der Vergleich zwischen Kiesel auf Wasser und Raumkapsel auf
Atmosphaere ist exakt genau so gegeben. Und die Tatsache, DASS es eben
schon realisiert wurde, Kapseln vom Mond (und unbemannte auch aus dem
interplanetaren Raum) unbeschadet zur Erde zurueckzubringen, ist wohl
Beweis genug - und die Herren Konstrukteure haben das ha wohl
irgendwie schon VOR dem Flug (oder spaetestens vor dem Wiedereintritt)
des entsprechenden Objektes ausrechnen koennen...
Und deshalb muss auch nicht alles, was ein Lehrer erzaehlt,
zweifelhaft oder gar prinzipiell falsch sein - schliesslich haben wir
doch alle hier in der Gruppe gelernt[TM], dass nicht nur die JM-Physik
(=nur das ist richtig, was JM sehen, anfassen und persoenlich erfahren
kann) gueltig ist, sondern dass es da irgendwie mehr gibt... <scnr>
Hallo,
sagmal was soll der Unsinn?
Es geht um das Abprallen das beim Rückflug vom Mond nicht zutrifft.
Die Raumkapsel nähert sich der Erde auf einer stark exzentrischen
Ellipse. Wenn nun der erdnächste Punkt dieser Ellipse in einer Höhe von
300 km über dem Boden liegt wird die Kapsel überhaupt nicht gebremst,
die Ellipsenbahn verändert sich nicht, von einem Abprallen kann man
nicht sprechen.
Verringern wir jetzt die Höhe im erdnächsten Punkt langsam, dann wird
die Kapsel etwas gebremst und die grosse Halbachse der Ellipsenbahn
verringert sich, die Krümmung der Ellipse nimmt in diesem Bereich zu.
Trotzdem reicht die Abbremsung immer noch nicht aus und die Bahn führt
wieder aus der obersten Atmosphäre hinaus. Einfach wegen der
näherungsweise kugelförmigen Erde und Atmosphäre und der elliptischen Bahn.
Die Bahnkurve wurde also etwas zur Erde hin gebogen, aber nicht
ausreichend um zu landen. Dieser Sachverhalt ist doch mit dem Wort
Abprallen ganz falsch beschrieben und hat mit dem Stein und der
Wasseroberfläche nichts zu tun.
Beim Stein wird die Wurfparabel zur Wasseroberfläche hin beim Kontakt
mit der Oberfläche wieder nach oben verbogen.
Ich glaube man muesste sich mal genau angucken was tatsaechlich bei der
Apollo Landung vor sich ging, die Dinge sind eben manchmal etwas komplizierter.
In einem Artikel ueber die Marsrover landung
http://ccar.colorado.edu/asen5050/projects/projects_2002/barker/
steht z.B. folgendes:

------------------------------------

Another method, "double dip" entry, takes advantage of the lift of the
vehicle to make two decelerating dips into the atmosphere and was used
by the Apollo capsules during their return from the Moon. The first
phase is made with the lift of the spacecraft pointing away from the
surface of the planet. The vehicle swoops down, decelerating, then
begins to ascend. Before leaving the atmosphere, the vehicle rolls
over, thus generating negative lift. This allows the vehicle to
remain in the atmosphere and complete the deceleration and landing [8].
Using this entry method, the heat transferred is more gradual, allowing
the use of a thinner heat shield that relies on radiating the heat,
rather than acting as a heat sink [7].

----------------------------------------

Das sieht tatsaechlich nach einem echten abpraller aus.
Waehrend der einfache ellipsenflug um die Erde, der zu hoch ist natuerlich keiner
ist, aber um den geht es vielleicht gar nicht.
Was wuerde passieren wenn die kapsel nicht "rolls over" sondern so bleibt wie
sie ist ?
Was ist die groesste Ellipse die eine Apollokapsel die vom Mond kommt noch
machen kann nachdem sie auf einer Bahn in die Atmosphaere eingedrungen ist
auf der eine Kugel die Atmosphaere nicht mehr verlassen wuerde ?

Warscheinlich wuerde ein Blick in dieses Buch:

[7] Loh, W. H. T. Re-entry and Plantetary Entry Physics and Technology. Vol. 1. Springer-Verlag,
1968.

mehr Klarheit bringen, aber wer hat das schon.

Was aber heute jeder hat ist ein Computer mit dem man den Wiedereintritt simulieren kann,
und der Auftriebsfaktor der Apollokapsel (0.3) ist auch bekannt, d.h. die Auftriebskraft
kann 30% der Bremskraft erreichen.
--
http://www.geocities.com/carla_sch/index.html
Uwe Hercksen
2005-06-16 08:56:09 UTC
Permalink
Post by Carla Schneider
------------------------------------
Another method, "double dip" entry, takes advantage of the lift of the
vehicle to make two decelerating dips into the atmosphere and was used
by the Apollo capsules during their return from the Moon. The first
phase is made with the lift of the spacecraft pointing away from the
surface of the planet. The vehicle swoops down, decelerating, then
begins to ascend. Before leaving the atmosphere, the vehicle rolls
over, thus generating negative lift. This allows the vehicle to
remain in the atmosphere and complete the deceleration and landing [8].
Using this entry method, the heat transferred is more gradual, allowing
the use of a thinner heat shield that relies on radiating the heat,
rather than acting as a heat sink [7].
----------------------------------------
Das sieht tatsaechlich nach einem echten abpraller aus.
Waehrend der einfache ellipsenflug um die Erde, der zu hoch ist natuerlich keiner
ist, aber um den geht es vielleicht gar nicht.
Was wuerde passieren wenn die kapsel nicht "rolls over" sondern so bleibt wie
sie ist ?
Was ist die groesste Ellipse die eine Apollokapsel die vom Mond kommt noch
machen kann nachdem sie auf einer Bahn in die Atmosphaere eingedrungen ist
auf der eine Kugel die Atmosphaere nicht mehr verlassen wuerde ?
Hallo,

wenn es um die Zielgenauigkeit beim Anflug der Erde geht, wenn die
Apollokapsel vom Mond zurückkehrt, dann ist bei einem zu hohen und daher
zu flachen Anflug dieses Manöver nicht möglich. Wenn nur die höchsten
Schichten der Atmosphäre durchflogen werden ist die Bremswirkung zu
klein und Auftrieb kann in dieser sehr dünnen Atmosphäre nicht
nennenswert erzeugt werden. Bei zu hohem Anflug geht so also kein
"Abpraller".
Der "Abpraller" wäre ja nur möglich wenn zwar in der richtigen Höhe
angeflogen wurde und dann das "double dip" Manöver misslingt weil der
Auftrieb in der Phase des Wiederaufsteigens nicht rechtzeitig beendet wurde.

Bye
J.Sievers
2005-06-11 18:27:20 UTC
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Post by Stefan Ewert
Hallo,
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
Oder ganz was anderes?
Schmeiß doch mal einen flachen Stein auf Wasser, in verschiedenen Winkeln :)
j.
lin8080
2005-06-19 19:48:32 UTC
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Post by Stefan Ewert
Hallo,
ich habe ein bißchen im Internet recherchiert, bezüglich des Vergleiches im
Apollo13 Film.
... Desweiteren habe ich gelesen, dass ein Raumschiff von
der Atmosphäre abprallt, wenn der Eintrittswinkel zu flach ist?! Das
verstehe ich nicht ganz. Stauchen sich die Luftteilchen unter dem
Raumschiff derart zusammen, dass ein "Federeffekt" entstehen kann?
Oder ist das Raumschiff dann einfach zu schnell, und somit die
Zentripetalkraft zu klein?
Nachdem du jede Menge Antworten erhalten hast: verstehst du es jetzt?

Das für den Effekt einzigst die Geschwindigkeit verantwortlich ist,
konnte ich in keinem Beitrag finden. Allerdings fürchte ich, dein
Bekannter hat recht, es ist wie eine Betonmauer.

Je schneller du auf ein dichteres Medium zufliegst, desto weniger Zeit
bleibt den Teilchen dieses Mediums, unter/um deinen Flugkörper herum
auszuweichen. Bei Luft in Bodennähe (bis 4km Höhe) nennt man diese
Grenze Schallmauer.
Naturbedingt sind menschengemachte Raumflugkörper nur begrenzt schnell,
eben die Fluchtgeschwindigkeit, das ist für weiter oben liegende
Atmosphären Schichten etwas langsam um ein mehrfaches Springen/Hüpfen zu
beobachten.
Oder: warum wohl kann man auf dem Wasser Ski fahren? Fals du mal mit 100
km/h übers Wasser donnerst und den Finger hineintauchst, wirst du
erleben, wie betonhart das ist. (du kannst natürlich auch Wasser mit 100
Sachen an deinem Finger vorbei rauschen lassen, eine Feuerwehrspritze
vermittelt oftmals bleibende Eindrücke).

lin

PS: ein Bremsdrachen beim Neptun wird immer intressanter :)

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