Post by Michael KhanDie statische Beanspruchung der Sphaere ist auf Druck
Es wäre keine gute Idee, die Sphäre so zu konstruieren. Die einzig
praktikable Variante sehe ich darin, sie so auszulegen, daß nur
Zugbelastungen auftreten. Ich habe auch gleich mal ausgerechnet, wie das zu
realisieren ist:
Die Sphäre unterliegt im Wesentlichen zwei Einflüssen. Der erste ist die
Gravitation. Sie bewirkt einen Druck des Betrages
p_g = - G·M·rho·d/r²
der zum Zentrum hin wirkt. Der zweite ist der Strahlungsdruck der
Hohlraumstrahlung im Inneren der Sphäre:
p_s = 4/3·s·T^4/c (Bedeutung der Symbole: siehe unten)
der nach außen wirkt. Der Strahlungsdruck der Sonne sollte keine Rolle
spielen, weil die Sphäre im stationären Zustand genau so viel Energie nach
außen abstrahlt, wie sie von der Sonne erält. Die beiden Einflüsse sollten
sich vollständig aufheben. Damit nur Zugbelastungen auf die Hülle wirken,
muß der Strahlungsdruck größer als der Gravitationsdruck werden:
T^4·r²/(rho·d) > 3/4·c·G·M/s
Das Verhältnis beider Kräfte sollte allerdings auch nicht zu groß werden,
weil damit auch die mechanische Belastung der Hülle steigt. Man kann das
Ganze auch mit der Gesamtmasse m der Hülle formulieren:
T^4·r^4/m > 3/16·c·G·M/(Pi·s)
Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich die Außentemperatur der Hülle
berechnet:
Ta^4 = Lo/(4·Pi·s·r²)
Um die Innententemperatur aufrecht zu erhalten, muß die Hülle eine
Wärmeleitfähigkeit von
lambda = d·Lo/[4·Pi·r²·(T-Ta)]
haben. Da die Hülle als Energiequelle dienen soll, interessiert mich
natürlich auch der Carnotsche Wirkungsgrad
n = 1 - Ta/T
und die daraus resultierende Leistung von
p = n·Lo
Verwendete Symbole:
rho : mittlere Dichte der Hülle
d : mittlere Dicke der Hülle
m : Gesamtmasse der Hülle
r : Radius der Sphäre
T : Innentemperatur der Sphäre
Ta : Außentemperatur der Sphäre
n : Carnotscher Wirkungsgrad
lambda : spezifische Wärmeleitfähigkeit der Hülle
p : Leistung der Hülle
G : Gravitationskonstante = 6,6742·10^-11 m³/s²kg
M : Masse der Sonne = 1,989·10^30 kg
s : Stefan-Boltzmann-Konstante = 5,67·10^-8 W/m²K
c : Lichtgeschwindigkeit = 299792458 m/s
Lo : Leuchtkraft der Sonne = 3,86·10^26 W
Damit habe ich auch gleich zwei Beispiele berechnet:
1.: Wir verbasteln alle Gasriesen und Kuiper-Objekte. Das dürfte einer
Gesamtmasse von
m = 2,7·10^27 kg
entsprechen. Als tragendes Material verwenden wir ein Gewebe aus
Kohlenstoffnanoröhren, woraus eine mittlere Dichte von
rho = 1500 kg/m³
folgt. Als Innentemperatur wählen wir angenehme 295 K. (In der Nähe der
Sonne wird das zwar nicht mehr so angenehm, aber das ist ein anderes Thema.)
Daraus ergibt sich zu allererst ein Mindest-Radius von
r = 1,11·10^13 m = 73,7 AE
Es war also eine gute Idee, den Kuiper-Gürtel als Baumaterial zu verwenden.
Daraus ergibt sich für die flächenbezogene Masse
rho·d = m/A = 1,76 kg/m²
und daraus eine Dicke von
d = 1,17 mm
Das ist zwar ganz schon dünn, aber Kolenstoff-Nanoröhren halten auch eine
ganze Menge aus. Die Außentemperatur würde bei
Ta = 45,9 K
liegen und daraus folgt, daß die Wärmeleitfähigkeit unter
lambda = 1,18·10^-6 W/m²K
liegen muß. Das ist nur durch eine doppelte Hülle realisierbar, wobei die
beiden Lagen (z.B. durch eine Verspiegelung) gegeneinander isoliert werden
müssen. Der Wirkungsgrad würden dann bei
n = 84 %
liegen und die Hülle würde eine Leistung von
p = 3,26·10^26 W
liefern.
In diesem Beispiel war die Hülle so konstruiert, daß man auf Planeten oder
in Raumstationen in ihrem Inneren leben kann. Im zweiten Beispiel wird die
Hülle so dimensioniert, daß man nur außerhalb leben kann:
2.: Die Hülle hat dieselbe Masse und Dichte, wie im ersten Beispiel, aber
diesmal machen wir sie innen schön heiß:
T = 3500 K
Daraus folgt dann
r = 9,32·10^11 m = 6,2 AE
rho·d = m/A = 247 kg/m²
d = 16,5 cm
Ta = 158 K
lambda = 1,75·10^-3 W/m²K
n = 95 %
p = 3,69·10^26 W
Wie man sieht, wird so ein Gebilde ganz schön monströs, aber es hat ja auch
niemand behauptet, daß der Bau einer Dyson-Sphäre etwas für Weicheier wäre.
Dummerweise ist es mit dem Bau noch nicht einmal getan. Das Ding muß auch
gewartet werden. Mir fallen auf Anhieb zwei Dinge ein, auf die ständig
geachtet werden muß:
1. Die Bewegung der Sphäre relativ zur Sonne. Wenn die Sonne aus dem
Mittelpunkt herausdrifte, muß die Sphäre wieder in die korrekte Position
manövriert werden. Glücklicherweise ist auch das ohne exotische Technologie
realisierbar. Man muß nur auf der Seite, auf die sich die Sonne zu bewegt,
den Wärmefluß durch die Hülle verringern (dadurch kühlt sich dort die
Ausenseite ab) und auf der gegenüberliegenden Seite erhöhen (dadurch heizt
sich dort die Außenseite auf). Die Differenz der Strahlungsdrücke durch die
asymmetrische Wärmeabstrahlung sollte die Hülle dann in die entgegengesetzte
Richtung beschleunigen. Man darf natürlich nicht vergessen, sie rechzeitig
in umgekehrter Weise wieder abzubremsen.
2. Besonders bei hohen Innentemperaturen, wird ständig Material von der
Innenseite verdampfen und in die Sonne fallen. Das kann man zwar durch
geeignete Beschichtungen (z.B. Mit Wolfram) in grenzen halten, aber über die
Jahrmillionen hinweg, würde sich die Hülle dadurch ganz sicher in
Wohlgefallen auflösen. Man muß der Sonne also mit der gleichen
geschwindigkeit Masse entziehen, und die Beschichtung damit ständig
erneuern. Bei der riesigen Fläche der Hülle hat man da alle Hände voll zu
tun.